Der Hormonbetrug Teil 1

Wie angekündigt werden wir uns jetzt mal eingehender mit der Schilddrüse beschäftigen, denn kaum ein anderes Organ, mit Ausnahme vielleicht des Darms, wird so häufig von Scharlatanen und Pseudomedizinern für ihre Zwecke missbraucht. Das Schlimme bei der Sache ist allerdings, dass nicht nur Heilpraktiker, Homöopathen und Alternativmediziner den Charme der kleinen Drüse im Hals entdeckt haben. Auch klassisch tätige Ärzte nutzen sie für ihre Zwecke. Und am Ende steht noch das Problem, dass sich viele Mediziner einfach null mit Funktion und Behandlung auskennen.

Wer sich tiefer mit der Materie beschäftigen möchte, dem empfehle ich übrigens völlig uneigennützig mein Buch “Der Schmetterlingseffekt”, in dem ich auf über 200 Seiten erkläre, weshalb die Schilddrüse so wichtig ist und warum sie öfter missverstanden wird, als die eigene Lebensgefährtin. Fangen wir also mal mit den Grundlagen an: Die Schilddrüse ist ein kleines Organ, bestehend aus zwei Lappen, die jeweils so groß sind wie ein Schnapsglas - kann man sich gut merken, wie ich finde. Beheimatet ist die Drüse im Hals, wo sie sich um die Luftröhre legt, mit der sie aber sonst nichts zu tun hat.
Die Schilddrüse ist ein endokrines Organ. Das bedeutet, dass sie ihre Hormone nicht über einen kleinen Gang irgendwohin ausschüttet (ein Beispiel wäre hier die Bauchspeicheldrüse, die ihre Säfte über den sogenannten Ductus Wirsingiosus in den Dünndarm abgibt). Die Schilddrüsenhormone werden direkt ins Blut abgegeben und können ihre Wirkung daher überall im Körper entfalten.
Verantwortlich sind die beiden Hormone mit dem Namen T3 und T4 (die Nummer gibt an, wie viele Jod-Atome durch das Hormon gebunden sind) kurz gesagt für die Regulation des Stoffwechsels. Ohne die kleinen Kumpels könnten wir unsere Körperenergie nicht zielgerichtet einsetzen. Der genaue Mechanismus ist so kompliziert, dass er in einem Medizinblog wohl eher keinen Platz hat. Man kann sich T3 und T4 als so eine Art Katalysatoren, also Reaktionsbeschleuniger vorstellen, ohne die bestimmte Prozesse zwar stattfinden würden, das aber deutlich verlangsamt.

Nun gibt es, bezogen auf die Schilddrüse zwei sehr relevante Erkrankungen (natürlich gibt es viel mehr, aber die Emotionen konzentrieren sich oft auf diese beiden, oder besser noch auf nur eine der beiden), nämlich die Über- und die Unterfunktion - sprich: Entweder produziert die Drüse zu viel oder zu wenig Hormone. Eigentlich recht einfach. Möchte man meinen.
Fangen wir mal bei der Schilddrüsenunterfunktion an, weil sich an der die meisten Diskussionen entzünden. Um zu verstehen was hier genau passiert muss ich euch tief ins Hirn des Menschen mitnehmen - ja, ins Hirn - denn dort ist die Steuerzentrale der Schilddrüse beheimatet, der sogenannte Hypothalamus. Dieses Gebiet befindet sich im vorderen Teil des Kopfes und funktioniert wie eine Art Thermostat - nur nicht für Temperatur, sondern für Hormone. Der Hypothalamus ist in der Lage die Konzentration verschiedenster Hormone zu messen und zu entscheiden ob die im korrekten Bereich liegt oder nicht. Das ist ziemlich verrückt, wenn man sich das mal richtig überlegt. Um jetzt dem restlichen Körper das Ergebnis seiner Messung mitzuteilen schüttet der Hypothalamus selbst ein Hormon aus. Hormone sind so eine Art Kommunikationssystem im Körper. Sie werden irgendwo produziert, ausgeschüttet und führen dann irgendwo anders oder manchmal auch direkt am Ort der Produktion zu einer Reaktion. In unserem Fall heißt das Hormon TRH. Das Ziel von TRH ist gar nicht weit entfernt und wird Hypophyse oder auch Hirnanhangsdrüse genannt. Die Hypophyse ist ungefähr so groß wie eine Erbse. Ihre Aufgabe ist die direkte Regulation der meisten Körperdrüsen. Als Schaltzentrale für Eierstöcke, Wachstum, Hoden, Nieren, Nebennieren und viele mehr dient sie als eine der Schaltzentralen unseres Stoffwechsels. Registriert die Hypophyse nun, dass der TRH-Spiegel im Blut steigt, so schüttet sie ihrerseits ein Hormon mit dem Namen TSH aus, was wiederum an der Schilddrüse andockt und dort zur Produktion und Freisetzung von Schilddrüsenhormonen führt. Deren Konzentration wird dann wieder durch den Hypothalamus gemessen und so weiter und so fort. Ganz schön kompliziert, was? TRH, TSH, Schilddrüsenhormone… Das ist die sogenannte Feedback-Kette der Schilddrüse.

Zum Schluss eine kleine Denkaufgabe für euch:
TSH kann man im Blut messen. Es handelt sich um eine Standarduntersuchung, die die Funktionsweise der Schilddrüse widerspiegelt. Stellt euch jemanden vor, dessen TSH deutlich zu hoch ist. Hat der jetzt eine Schilddrüsenüberfunktion oder eine Schilddrüsenunterfunktion? Schreibt’s in die Kommentare.

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Canna bis der Arzt kommt …

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