Heilpraktiker - Moderne Scharlatane im seriösen Gewand

Wenn’s nicht zum Arzt reicht wird man eben Heilpraktiker. Punkt. Eigentlich ist dem kaum mehr hinzuzufügen und der heutige Blog könnte direkt enden. Was er natürlich nicht tut, denn zu diesem, völlig unnötigen und aus meiner Sicht extrem gefährlichen “Berufs”stand gibt es schon noch ein paar Sätze mehr zu sagen.

Versuchen wir uns der ganzen Angelegenheit mal einigermaßen emotionslos zu nähern (ob das klappt - ich kann’s echt nicht sagen).
Was ist das denn eigentlich, ein Heilpraktiker. Klingt doch gar nicht so schlecht. Und auch irgendwie offiziell, also fast wie ein Arzt. Kurze Antwort: Die sogenannte Berufsbezeichnung des Heilpraktikers ist absolut keine seriöse Tätigkeitsbeschreibung. Zwar gibt es den “Beruf” tatsächlich - er ist im Heilpraktikergesetz geregelt, damals erlassen von den Nazis. Adolf Hitler war nämlich ein großer Fan mythischer Heilmethoden und obskurer Verfahren. Weil ihm echte Heilkundige diesen Unfug nicht bieten konnten wurde dann in den Dreißigerjahren das Heilpraktikergesetz geschaffen, das bis heute Bestand hat.
Jetzt könnte man denken: Na ja gut, da meckert halt ein Arzt, weil er es den anderen nicht gönnt in seinem geheiligten Bereich zu wildern. Arroganter Vollspacko! Ist aber ganz und gar nicht so. Ehrlicherweise ist es mir Wumpe was die Leute so in ihrem Beruf machen, solange sie - und das ist wichtig - ordentlich ausgebildet sind. Jeder Schlosser, jeder Metzger, jeder Bäcker muss einen Meisterbrief vorzeigen, wenn er sich selbstständig machen möchte. Beim Arzt geht die Ausbildungspflicht noch viel weiter. Willst du dich niederlassen, dann musst du Facharzt sein, was eine mindestens fünfjährige Weiterbildung nach dem Studium als Grundvoraussetzung beinhaltet. Und warum? Weil es hier um die Sicherheit von Menschen geht. Ich meine, selbst wenn man irgendwann mal aufgewacht ist und beschlossen hat, dass man unbedingt sein Geld mit dem Schlachten von Tieren verdienen möchte muss man dafür eine wahrlich mörderische Ausbildung vorweisen und Qualitätsstandards einhalten, deren Umsetzung so viel kostet, dass man seinen Beruf kaum gewinnbringend ausüben kann.

Und als Heilpraktiker, nichts, dada, niente. Die Burschen müssen beim Gesundheitsamt lediglich vorweisen, dass sie keine, und ich zitiere: Gefahr für die Volksgesundheit darstellen (wer hat das Heilpraktikergesetz nochmal erfunden, ach ja.. ist klar). Das geschieht dann anhand von Fragebögen, in denen Kenntnisse über Pharmakologie, Mikrobiologie, Pathopysiologie, Biochemie, Humangenetik und Immunologie explizit nicht gefordert sind. Die Aspiranten werden nur, je nachdem wie der Amtsarzt so drauf ist mal kurz darüber interviewt mit welcher Art der Gesprächsführung man Menschen nicht direkt in den Sarg befördert. Vorher gibts noch nen kleinen Fragebogen auf dem Niveau einer Zulassungsprüfung für die Grundschule. Und das Geilste: Man kann diesen Unfug so oft wiederholen wie man will. Interessiert keinen! Und danach - tada - biste Heilpraktiker und darfst sogar Spritzen setzen, alles kein Problem. Nie gelernt, aber trotzdem hochoffiziell erlaubt. Wenn ihr also heute keinen Bock mehr auf euren Alltag habt - kein Problem, werdet doch Heilpraktiker, macht die Ich bringe niemanden um - versprochen - Prüfung, mietet euch ein kleines Büro, ne Couch rein, ein paar Ikea-Positivity Fotos an die Wand und los gehts - das Gesundheitszentrum öffnet seine Türen. Das ist ein spitzen Geschäftsmodell. Schade, dass es für Ärzte verboten ist - weil die nämlich dem Wohl des Patienten verpflichtet sind. Die Heilpraktikerei ist wirklich ein skurriles und so absolut unnötiges Konzept, dagegen wirkt sogar die Politik der Grünen irgendwie durchdacht.

Aber bei Facebook wird einem doch ständig Werbung für Heilpraktikerschulen angezeigt. Also müssen die ja schon eine Ausbildung haben! Was labert der Typ denn da?
Ja, in der Tat stimmt das. Es existieren verschiedene private Anbieter, die sogenannte Ausbildungen für Heilpraktiker anbieten. Das Ganze kostet viel Geld und ist durch absolut keine Institution geprüft oder kontrolliert. Dagegen ist Udemy eine Universität. Die können ihren Schülern alles erzählen und die Lehrer sind auch keine echten Lehrer oder gar Dozenten, sondern irgendwelche Leute, die auch keine Ausbildung haben und ihre Erfahrungen in keine Ausbildung haben an eine neue Generation von Leuten weitergeben, die, Überraschung, keine Ausbildung haben und damit Menschen behandeln wollen. Auch hier: Erstaunliche Parallelen zu den Grünen. Viel Geld verdienen, aber nichtmal einen Berufsabschluss haben. Was den Leuten in diesen Intelligenzschmieden aber beigebracht wird ist eines: Ganz viel Meinung mit ganz wenig Ahnung zu haben. Die raten dann auf Basis ihres (fehlenden) Wissens von Impfungen ab oder erklären, dass Chemotherapien reines Gift sind und irgendein Gänseblümchenkraut gegen die blöden Lebermetastasen viel besser hilft als das, was Horden von Wissenschaftlern seit Jahrzehnten erforschen. Manchmal erfährt man auch, dass der fiese Krebs eigentlich nur die Manifestation ungelöster Konflikte ist. Einer dieser Künstler hat mir mal erklärt, dass psychische Erkrankungen ihre Wurzeln in den Sünden unserer Vorfahren, der Nazis haben. Der wusste wohl nichts von der Historie seiner Zunft.

Und was darf der frisch gebackene Scharlatan nach der “Prüfung”? Ziemlich viel. Ich hab schon gesagt: Spritzen dürfen die geben, ja sogar Botox oder Hyaluron ins Gesicht applizieren. Das muss man sich mal überlegen. Da pfuscht jemand im Gesicht rum, der das nie gelernt hat und keine Ahnung von der Anatomie hat, in die er da eingreift, von der Biochemie der applizierten Substanzen ganz abgesehen. Ja und dann dürfen die jeglichen anderen alternativen Unfug anbieten - von sogenannten traditionellen Medizinpraktiken bis hin zu germanischer Medizin und natürlich das Highlight: Zuckerkugellügerei.

Jetzt ergibt es nur eher wenig Sinn, wenn man sich über eine Angelegenheit nur aufregt. Klar, ein Bisschen Aufklärung ist schon auch wichtig, aber eine Lösung für ein angesprochenes Problem ist immer eine feine Sache. Und die hätte ich auch:

Diese unleidige Heilpraktiker-Quacksalberei muss sofort und ausnahmslos verboten werden!

Was sagt ihr dazu? Ward ihr schonmal beim Heilpraktiker? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht - und: Wusstet ihr, dass diese Zunft eigentlich keine ist und überhaupt keine Ausbildung hat? Schreibt es in die Kommentare, lasst uns diskutieren.

Ach ja, und ich würde mich freuen, wenn ihr den Blog abonniert!

Zurück
Zurück

Auf hoher See und vor Gericht…

Weiter
Weiter

Hilfe! Meine Kollegen hängen an der Nadel!